Der 2020 Krisenblog

Einunddreißigster Tag

Wir haben nun schon ein volles Monat in unserem Leben in der Zwischenzeit verbracht. Einer Zwischenzeit nach der Normalität vorher und vor der Normalität nachher, um welch letztere sich alle möglichen Fantasien ranken. Es sieht so aus, als hätten wir uns in dieser Zwischenzeit eingerichtet. Die beginnenden Öffnungen / Erleichterungen des Shutdowns verursachen (zumindest bei mir) jetzt ähnlich ambivalente Gefühle, wie sie das abrupte Ende unseres bisher gewohnten Alltags vor einem Monat hervorgerufen hatten. Es ist noch gar nicht klar, an welche Normalität wir uns dann zu gewöhnen haben werden, und wann das Gefühl eintreten wird, nicht mehr in einer Zwischenzeit, sondern in einer normalen Zeit zu leben – wobei zu den normalen Zeiten schon seit langem dazugehört, dass wir den Eindruck haben, sie enthalte auch viel an Abnormalität. Sei es durch den Klimawandel oder was auch sonst. Was kommen wird, das wird also erstens irgendwann, zweitens eine Stimmung von normaler und nicht temporärer Abnormalität sein. Und der Beginn dieser neuen Zeit wird nicht an einem Tag sein, den wir dann feiern können, sondern es wird ein schleichender Beginn sein. Irgendwann, und nicht alle gleichzeitig, werden wir feststellen, dass wir uns in keiner Zwischenzeit mehr befinden, sondern in der neuen Zeit. Ich glaube nicht, dass die uns dann gefallen wird. Aber das ist auch nichts Neues, das kennen wir schon.
Ich hoffe, dass ich und möglichst alle meine Freundinnen und Freunde dann finden werden, mir, ja, mir geht´s eigentlich gut. Aber die Welt als Ganzes, die ist halt nicht so, wie ich sie mir wünschen tät. Das wär schon was.
Die Auflösung zum gestrigen Rätsel findet man unten. Nein, das war nicht ich, der dieses Graffito angebracht hat.
 
2025-11-23 um 14.48.40